Kriege, Notlagen und Blümchenkaffee.
Kaffee als wertgeschätztes Genussmittel ist nahezu vergessen. Zahllose Arten von Kaffee gibt es in Hülle und Fülle im Sortiment des Angebotes. Wir können heute wählen, wie er gebraut sein soll. Welche Röstung soll es sein? Die Kaffeesorte kann gewählt werden. Welch ein Luxus das ist, kann der, der ihn sich leisten kann zu trinken, nicht erahnen.
In diesem dritten Teil meiner Überlegungen zum "sich etwas leisten können" erzähle ich davon, wie Krieg und Lebensmittelknappheit den Neid und die ungestillte Sehnsucht unserer Vorfahren in uns, die heute leben, triggern konnten.
Wieder kam zufällig eine Information zu mir. Es ging im Film um die Nachkriegszeit. Damals, Mitte des letzten Jahrhunderts, brachten die amerikanischen Soldaten Kaffee und Schokoloade mit zur deutschen Bevölkerung. Solch ein Luxusgut wollte gut verwertet sein. Wer beschenkt wurde, fühle sich geehrt.
Vom Schicksal bevorzugt wurden die Gaben dankbar angenommen. Ein halbes Pfund Kaffee war eine große Menge im kargen Nachkriegsvorrat. Ein kleines Stück Schokolade wurde genüsslich verzehrt.
Aus den Kaffeebohnen wurde ein Getränk gekocht. So viel, wie möglich. Die Bohnen wurden gut verwertet. Daraus wurde ein wohlduftendes Getränk gekocht. Es wurde in Tassen getrunken und Blümchenkaffee genannt. Blümchenkaffee deswegen, weil das Resultat so dünn und durchsichtig gewesen war, dass die Blümchen am Tassenboden zu sehen waren.
Wer wusste schon, wann es davon wieder etwas geben sollte.
Diese Umstände alleine können schon für das Gefühl benachteiligt zu sein, sorgen. Damals war eine ganze Nation im Mangel. Deshalb könntest du jetzt denken, dass dies keine persönlichen Beeiträchtigungen mit sich brachte.
Was ist, wenn diese Zeitphase an den zuvor erlittenen Umstand "kann ich mir nicht leisten" andockt?
Was ist, wenn die Nachkriegszeit in einer Enkelgeneration von denen, die zu ihren Lebzeiten erleben mussten, wie sich andere Kaffee und Schokolade gönnen konnten und sie davon ausgeschlossen gewesen waren?
Ich kenne dieses Phänomen aus meinem Leben. Ich fühlte mich immer wieder neu ausgeschlossen, wenn Freunde, Kollegen, Bekannte sich gastfreundlich präsentierten und ich dachte, ich könnte es ihnen nie gleichtun.
Ich lernte Menschen kennen, die von ihren amerikanischen Familienangehörigen mit deren Gütern versorgt wurden und ich keinen Anteil daran hatte (und auch nichts davon geschenkt bekam).
Als Nachkomme meiner Ur-Großeltern, die mit Kolonialwaren handelten und durch ihr es "sich nicht leisten können" kam ich in ein Defizit. Die erneute Wiederbelebung dieser tiefen Ur-Wunde war in den Nachkriegsjahren erneut in weiteren Vorfahren eingeprägt worden. Unbewusst war ich vom unerlösten Neid, der daraus entstandenen Gier, Sehnsucht und Feindseligkeit von vielen Generationen vor mir, befallen worden.
Die Prägung war sogar noch tiefer.
Das heißt, dass die Ursache tief ins Unbewusste der Seele verschoben worden war. Viele Nachkommen wurden erneut im Mangel bestätigt: " Die anderen haben etwas, das ich nie haben werde."
Daraus entstand Resgination und Gier. Eine Gier nach Kaffeee und Schokolade überdeckte die unerfüllte Sehnsucht.Gieirig wurden die einstigen Luxuswaren konsumiert. Daraus entwickelte sich Feindseligkeit zu denen, die sich diese Waren leisten können, zu den Reichen, Wohhabenden und Begünstigten.
Nebenbei mag sich bei manchen, eine Vorwurfshaltung unserem Schöpfer gegenüber eingeschlichen haben: "Warum?" "Warum hast du mich so benachteiligt? Magst du mich nicht?"
Durch Krieg und Notlage hatte eine erneute Beschädigung im Gefühl etwas wert zu sein, stattgefunden.
Krieg, Notlage und Zeiten von Mangel wiederbelebten die gut versteckte Feindseligkeit zu Eltern gleichermaßen wie zur wohlhabenden Schicht der Bevölkerung. Zu keinen der beiden gehören wir dazu. Von den Eltern abgewandt fühlen wir uns von den Reichen ausgeschlossen. Ausgeschlossen fühlen wir uns darüber hinaus von Gott, unserem Schöpfer. '
Benachteilt sein von dem, was wir meinen es würde unser Leben lebenswert machen, gehen wir als Opfer durch´s Leben. Auf der Suche nach dem einstmal Fehlenden, finden wir uns immer wieder in neuen Konstellationen, in denen wir ausgeschlossen sind und uns noch mehr fehlt als zuvor.
Mittels Ändern unserer Blickrichtung und Versöhnung mit den eigenen Vorfahren und Verwandten, sowie damit, wie wir aufgewachsen sind, können wir von unserem Gefühl ausgeschlossen zu sein, heilen.
Dankbar sein, uns dankbar fühlen für all die Gaben, die wir erhalten haben, dankbar sein für alles, wie es war. Uns an das Schöne erinnern. Uns erinnern, welche Begabungen wir mit unseren Vorfahren und Familienangehörigen gemeinsam haben und sie würdigen und als wertvoll ansehen, bringt uns in unsere innere Harmonie und Balance zurück. Von dort aus gehen wir neu ins Leben und kreiieren neue Umstände und Begegnungen.
co Michaela Aust
Foto webador
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