Das zersplitterte Ich

Veröffentlicht am 17. August 2024 um 10:49

Ist es Selbstsabotage?
Zwei Anteile wüten in dir. Der beiden Anteile vom Heute-Ich und vom Damals-Ich sind wieder aktiviert worden. Beide gemeinsam. Jeder für sich. Die beiden Persönlichkeitsanteile handeln und denken grundverschieden. Sie fühlen, sie sprechen und sie denken in ihrem jeweils unterschiedlichen Alter, in dem sie gerade sind. Der Damals-Ich-Anteil ist in der Zeit stehen gelieben. Es gibt einen Altersunterschied zwischen beiden Teilen. Beide sind so weit voneinander getrennt. Sie sind in uns und sie sind zugleich nah beieinander. Beide haben keine direkte Verbindung. Sie sind voneinander getrennt. Jeder Seelenanteil führt quasi ein Eigenleben, sobald er aktiv ist. 

Manchmal kommt es zu einem Switchen von dem Heute ins Damals und von Damals ins Heute. 
Das ist verwirrend. Für dich selbst wie auch für dein Umfeld. Unbewusstes und bewusstes treffen unmittelbar zusammen. Darauf hast du keinen Einfluss. Es geschieht unabsichtlich. Bewusstes Wahrnehmen der beide Anteile ist triggi. Das Wort fällt mir gerade dazu ein. 

Triggi. Gibt es das Wort überhaupt?
Triggern kenne ich. Es stammt aus der Traumatherapie. Triggern bedeutet, dass uns etwas überfällt und wir dann mitten in einem Gefühlsdusel drin stehen. Trigger heißt Auslöser. Es gibt im Geschehen einen Auslöser, der uns in zwei Teile trennt. Spaltet wird das im Psychologischen genannt. Diese zwei Teile nenne ich Heute-Ich und Damals-Ich. Lange habe ich überlegt, wie ich meine Beboachtungen am besten beschreiben kann. 

Die Theorie der drei Anteile 
von Dr. Franz Ruppert mit dem gesunden Ich, traumatisierten Ich und abgespaltene Ich konnte ich in den zwei Anteilen nicht unterbringen. 
Ähnlich erging es mir mit den drei Teilen, die Eric Burne gefunden hat. Sie heißen Kind-ich, Erwachsenen-ich und Eltern-Ich. 

Wie ich diese beiden Arten die Anteile in uns zu benennen versuchte, ich kam nur auf zwei Teile. 

Es waren gerade zwei Teile da, die mehr nebeneinander in mir lebten. 
Es war wieder einmal etwas schlimmes passiert gewesen. Ich war mitten drin und völlig draußen durch das Triggi. Zwei Teile in mir wurden reaktiviert. Sie lebten bereits in mir, nebeneinander und vergessen. Der Damals-Ich-Anteil wurde ausgelöst, also getriggert, durch ein Ereignis. Es gab diverse Reize, die mich dort, wo ich gewesen war, überwältigt hatten. Ein schlimmer Reiz für mich katapultierte mich ins Damals-Ich hinein. Zugleich bemerkte ich das Heute-Ich ebenso in mir. Es konnte verstehen, was passiert war. Es konnte reflektieren und anerkennen. Das Damals-Ich war einzig Angst und Schmerz. Es war überrollt worden. Und es war, wie in der Ursprungsgeschichte.

Ich war erneut im Stich gelassen worden. 
Dieser zutiefst beschädigte Persönlichkeitsanteil übernahm von da an die Führung. Ich steuerte bewusst dagegen. Nicht immer gelang es mir. Ich reflektiere das, was durch den Triggerauslösereiz nachfolgende geschieht. 

Das Damals-Ich 
befindet sich nicht in dem Alter, in dem wir gerade sind. Es ist so alt, wie die traumatisierende Geschichte ablief und diesen Anteil so schmerzlich in der Tiefste seiner Seele verletzt hatte. Das bedeutet, dass es nur dann auf mich reagiert, sobald ich auf es altersgemäß eingehe. Leicht ist das nicht. Es ist sogar schwerer, als so dahin geredet. Erstens weiß ich nicht, in welchem Alter mein Damals-ich gerade ist. Zweitens fällt es mir schwer einen erwachsen aussehenden Menschen wie damals zu sehen und zu begleiten. Meine Augen sehen die erwachsene Person und nehmen das verletzte bedürftige in ihm wahr. Mir ist ein Rätsel, was das Damals-Ich jetzt von mir braucht. Es ist einzig Schmerz. Es dominiert meine aktuelle Persönlichkeit. Das ist mir aufgefallen. 

Ich kann switchen 
und zwischen dem Damals und Heute wechseln. Nicht ganz. Teilweise gelingt es mir meine im Leben gewonnene Weisheit anzuwenden. Dann wieder bemerke ich Verhaltensweisen an mir, die ich zum ersten Mal bewusst mit dem Damals-Ich-Anteil ausgelöst sehe:

- Mein Sprechen ist gehemmt. 

- Ich verhalte mich seltsam. 

- Mir fällt auf, dass ich mich so im Raum und bei Menschen verhalte, als ob ich unsichtbar wäre. 

- Ich schäme mich wegen meines Daseins. 

- Ich komme mir verboten vor. Verboten da zu sein und bin es dennoch. 

- Ich nehme mich äußerlich anwesend wahr und innerlich weit weg. 

- Die Erinnerung von mir ist sehr beeinträchtigt. 

Daraus entstehen Verwicklungen und Verwechslungen. 
Es entsteht Streit, weil ich anfange zu verdächtigen jemand anderes hätte etwas getan oder unterlassen. Ich befinde mich in einem Sog von Durcheinander und nicht erinnern können. 

Was ich zuvor mit dem Heute-Ich 
gewusst, gesagt und wie ich gehandelt hatte, ich weg. Es ist nicht mehr vorhanden. 

Was ist hier passiert?
Unbemerkt befinde ich mich in den obigen Beschreibungen im Damals-ich. Ich bin in einem Alter, das keine Sprache hat oder nur wenig Worte hat. Dem Damals-Ich fehlt der Zugang zu all dem Wissen, all den Erfahrungen und Verantwortungen des Heute-ich. Nach außen hin kann es sein, dass mein Leben aussieht, dass ich mich selbst sabotiere. Ist dem so? Nein. 

Es findet keine Selbstsabotage statt. 
Nach meinen derzeitigen Überlegungen gibt es gar keinen Selbstboykott. 

Es gibt zweierlei Ich-Zustände. 
Sie liegen zeitlich weit auseinander. Durch das Switchen in den damaligen jüngeren Anteil weiß dieser Teil gar nicht, dass es älter geworden ist, vielleicht sogar mittlerweile in einem höheren Alter angekommen ist. Erlebnisse vermögen in einen längst vergangenen Entwicklungszustand zurückzufallen. 

Alles, was und wie wir damals gewesen sind, 
sind wir in dem Moment, in dem wir getriggert worden waren. Unerwartet und plötzlich können Triggerreize uns in ein seltsames Verhalten hineinversetzen, das dann so aussieht, dass wir uns selbst sabotieren und im Wege stehen. Wir sind dann der alte Damals-Ich-Anteil. Wir sind auch der aktuelle Heute-Ich-Anteil. Wir sind beides.

Nebeneinander und nacheinander. 
Erkennen können wir die beiden Teile durch Bewusstheit. Bewusstes Beobachten und reflektieren kann dir ungeahnte Erkenntnisse bringen. Diese brauchst du um die beiden Anteile wieder zusammenzubringen. Es ist möglich, beide Anteile wieder zusammenzuführen. 

Das gelingt, 
indem dir klar ist, dass der Damals-ich-Anteil eine andere Art Zuwendung braucht, als das Heute-Ich. 

- Er braucht gesehen, geachtet, gewürdigt zu werden. 

- Er braucht gehört zu sein, angehört. 

- Was das Damals-Ich sonst noch braucht kannst du mit dem Heute-Ich recherchieren und ihm geben. Frage ihn. Bringe die beiden in einen neuen Kontakt. Ermögliche beiden Teilen eine neue Verbindung. 

Du kannst den jüngeren Ich-Anteil von damals aus der alten Geschichte herausholen.
Du kannst alte Erfahrung auflösen

Es sind uralte Emotionen. 
Es sind schwere Energien. 

Damals kam es zu Einstellungen, Konditionierungen und einem Verlust deines Seelenanteils. 
Mit der Liebe und Zuwendung, mit Mitgefühl und Feingespür gelingt es ihn zurückzuwinnen. 

Im Bewusstsein des Heute-Ich sind wir klar, 
Das Heute-Ich anerkennt die ungeheilte Wunde des Damals-Ich. Auch wenn sie weder fühlbar ist, noch aussprechbar ist um was es geht, gibt es die Erinnerung in uns. 

Das Erfahren und Erleben von Sinnesreizen 
wird von beiden Persönlichkeitsanteilen verschieden erlebt. Du spürst alles in deinem Herzen. Das Herzzentrum fungiert als Vermmittler von beiden Anteilen in dir. Über die Herzensliebe kann auch das Heute-ich spüren und fühlen, wie es dem Damals-ich in seinem Triggi Auslösezustand gerate geht. 

Du nimmst nun mit dem Heute-ich den alten Schmerz, die Wunde, die tiefe noch heute aktive Verletzung wahr. 
Ärger, Trauer, Verlust, Angst, Verbote zeigen sich hier. In der Verbindung beider Ich-Anteile hast du auch die Schlüssel für Reintegration und Heilung der verfahrenen Ausnahmeerscheinungen gewonnen. Jetzt ist die Heilung möglich von dem, was einst geschah. Die Trigger hören auf. Die Zweigeteilheit ebenso. Das Damals-Ich reift nach. 

co Michaela Aust

Foto von pixabay

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